Adolescence: Eine Serie über Cybermobbing, Online-Radikalisierung und digitale Kommunikation
Lehrende Eltern Cybermobbing

Emojis können viele Bedeutungen haben, manchmal weisen sie auf Probleme hin. Bild: Pexels
Worum geht es in der Serie?
In der britischen Dramaserie geht es um einen 13-jährigen Jungen, der beschuldigt wird, eine Mitschülerin erstochen zu haben. Der unscheinbare 13-Jährige kommt aus einer intakten Familie, ist ein guter Schüler und wirkt insgesamt noch sehr kindlich. Für die Zuseher:innen ist es zunächst unvorstellbar, dass dieses Kind zu einem Mord fähig ist. Die Frage nach dem Warum steht im Mittelpunkt der fiktiven Serie.
Die Ermittlungen zu diesem Fall führen schnell ins Internet. Der Täter bewegte sich in fragwürdigen Online-Communities, die frauenfeindliche Ideologien verbreiten. Auch Ausgrenzung in der Schule und Cybermobbing kommen ans Licht. Außerdem thematisiert die Serie, die für Erwachsene unverständliche Kommunikation unter Jugendlichen in sozialen Netzwerken.
Adolescence greift viele Risiken der digitalen Welt von Jugendlichen auf und hinterlässt ein Gefühl der Hilflosigkeit. Erwachsenen Bezugspersonen wird vor Augen geführt, wie wenig sie über das Onlineverhalten von Kindern und Jugendlichen wissen. Es bleibt das Gefühl der Ohnmacht, Kindern und Jugendlichen bei Problemen in der digitalen Welt nicht helfen zu können beziehungsweise die Probleme der eigenen Kinder nicht zu erkennen. Das trifft Eltern und andere erwachsene Bezugspersonen tief. Und viele fragen sich, wie sie selbst besser reagieren könnten als in der Serie.
Emojis und ihre Bedeutungen
Ein Punkt, an dem Erwachsenen ansetzen könnten, ist, die Onlinekommunikation der Jugendlichen besser zu verstehen. Jugendliche kommunizieren anders als Erwachsene. Vor allem Emojis sind ein wichtiger Bestandteil ihrer Kommunikation und diese können oft ganz andere Bedeutungen haben, als man denkt. Hinter harmlosen Emojis können sich (je nach Kontext) klare Botschaften, Emotionen oder geheime Codes verbergen. In der Serie Adolescence gibt es zum Beispiel Emojis, die sich auf die „Incel“-Bewegung beziehen.
Incel ist eine Kombination aus den englischen Wörtern involuntary (unfreiwillig) und celibate (sexuell enthaltsam). Incels sind heterosexuelle Männer, die keine sexuellen oder romantischen Beziehungen zu Frauen haben. Der Frust darüber mündet in Frauenhass und frauenfeindlichen Theorien, die in Online-Communities und sozialen Netzwerken verbreitet werden.
Adolescence zeigt, dass Erwachsene die Sprache der Jugendlichen nicht verstehen und dadurch problematische Entwicklungen und Cybermobbing übersehen können. Denken Sie daran, dass Emojis nicht per se gefährlich und in den meisten Fällen harmlos sind. Seien Sie sich aber bewusst, dass sich hinter Emojis auch problematische Botschaften verbergen können.
Auf Der Standard finden Sie einen Emoji-Leitfaden mit den wichtigsten Übersetzungen im Zusammenhang mit Cybermobbing, Drogenkonsum und sexuellen Anspielungen.
Nicht vergessen
Was Emojis wirklich bedeuten, hängt vom Kontext ab und kann unterschiedlich sein. So kann die Schneeflocke auch einfach nur Freude über den Schnee ausdrücken und keine Anspielung auf Drogen oder sensible Menschen sein. Schnelle Schlussfolgerungen sind also nicht unbedingt hilfreich.
Rollenbilder und einfache Auswege – Radikalisierung
Eine weitere Sorge vieler Eltern im Zusammenhang mit der Serie ist die schnelle Radikalisierung des Jungen – ein Prozess, der von den Eltern in der Serie nicht wahrgenommen wird. Tatsächlich wird dies auch von anderen Eltern beschrieben, deren Kind sich bei einem Thema radikalisiert hat. Die Gründe, warum ein Kind für eine solche Radikalisierung empfänglich ist, können sehr unterschiedlich sein: Suche nach Halt und Struktur, einfache Erklärungen in einer komplizierten Welt, fehlende eigene Anerkennung in der analogen Welt und die Suche nach dem eigenen Platz in der Gesellschaft.
Die Beratungsstelle Extremismus unterstützt bei solchen Herausforderungen, Eltern können sich dort melden und werden individuell beraten. Denn auch wenn allgemeine Tipps zum Umgang mit Radikalisierung gegeben werden können, sind individuelle Herangehensweisen notwendig. Nicht alles ist in jeder Situation umsetzbar.
Wie können Eltern ihre Kinder vor solchen Gefahren schützen?
- Offene Gespräche: Offene Gespräche über die Inhalte auf Social Media sind der Kern einer guten Medienerziehung. Besprechen Sie immer wieder das Onlineverhalten und den Medienkonsum Ihres Kindes, ohne darüber zu urteilen. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sich Kinder bei Fragen oder Problemen wie Cybermobbing an ihre Eltern wenden.
- Wertschätzung: Wertschätzung ist sehr wichtig. Stärken Sie das Selbstwertgefühl Ihres Kindes, damit es Bestätigung und Anerkennung nicht aus dem Internet oder von möglicherweise fragwürdigen Gruppen beziehen muss.
- Nachfragen: Probieren Sie die Apps Ihrer Kinder aktiv aus, um einen Eindruck zu bekommen, und fragen Sie Ihr Kind, wenn Sie Emojis oder Trends nicht verstehen.
- Warnsignale erkennen: Achten Sie auf Verhaltensänderungen, Rückzug, Leistungsabfall in der Schule oder auffällige Äußerungen. Diese können auf Stress oder den Einfluss problematischer Inhalte hinweisen. Zeigen Sie Ihrem Kind, dass Sie daran interessiert sind, dass sein Leben wieder besser wird.
- Informiert bleiben: Halten Sie sich über die Onlinewelt Ihrer Kinder auf dem Laufenden. Sie müssen nicht alles verstehen oder gar kontrollieren, aber zeigen Sie Interesse, indem Sie über beliebte Inhalte oder Influencer:innen Bescheid wissen. Nutzen Sie unsere kostenlose Webinarreihe, um sich weiterzubilden und die digitale Lebensrealität von Kindern und Jugendlichen besser zu verstehen.
- Hilfsangebote aufzeigen: Sprechen Sie auch über Hilfsangebote wie Rat auf Draht. Ihr Kind möchte sich bei bestimmten Themen vielleicht nicht an Sie wenden. Weisen Sie aber darauf hin, dass es Stellen gibt, die bei Problemen helfen können.
- Regeln vereinbaren: Stellen Sie gemeinsam Regeln für die Handy- und Mediennutzung auf, die für alle Familienmitglieder gelten. Hier finden Sie Tipps dazu.
Wie können Schulen mit diesen Themen umgehen?
- Austausch: Sprechen Sie mit Ihren Schüler:innen über Ihren Medienkonsum und bringen Sie soziale Netzwerke regelmäßig in den Unterricht ein. Die Serie Adolescence bietet einen guten Anlass, um ins Gespräch zu kommen. Auch in unseren Unterrichtsmaterialien finden Sie viele Übungen und Informationen zu vielfältigen Themen.
- Prävention: Bieten Sie Workshops zum verantwortungsvollen Umgang mit Medien an. Achten Sie auf die Klassendynamik, welche Thematiken relevant sein könnten.
- Fortbildung für Lehrende: Schulen Sie Lehrende über aktuellen Online-Trends und Risiken im Internet, um Cybermobbing und gefährliche Entwicklungen frühzeitig zu erkennen.
- Offene Gesprächskultur: Schaffen Sie ein Schulklima, in dem sich Schüler:innen trauen, über Probleme zu sprechen.
Hier finden Sie viele Tipps zur Prävention von Cybermobbing in Schulen.