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Jugendliche im Internet: Wenn „Likes“ das Selbstbewusstsein bestimmen

Aktuelle Studie: FEMtech-Forschungsprojekt imaGE 2.0 zur Selbstdarstellung von Mädchen und Burschen in Sozialen Netzwerken

Infografik: „Selbstdarstellung von Mädchen und Burschen im Internet“ (jpg, 2.2 MB)

Kein Platz ist besser für die Selbstpräsentation geeignet als das Internet. Vor allem bei Jugendlichen steht die eigene Imagepflege im Netz hoch im Kurs. Sie nutzen Soziale Netzwerke, um ihr Leben zu dokumentieren und Ereignisse mit anderen zu teilen. Das Heranwachsen im Netz bedeutet aber auch, Hürden meistern zu müssen: ob Cyber-Mobbing, Konflikte mit Eltern oder Lehrenden aufgrund von anstößigen Postings oder der Druck, den vorgegebenen Rollenbildern zu entsprechen. Das soziale Handeln der Jugendlichen im Internet und dessen Bedeutung für den Alltag verstehen zu lernen, stand im Mittelpunkt des FEMtech-Forschungsprojekts imaGE 2.0 (www.selbstdarstellung.at). Insgesamt wurden mit 48 österreichischen Schülerinnen und Schülern im Alter von 14-17 Jahren qualitative Gruppendiskussionen geführt. Die Forschungsergebnisse sind in ein praxisorientiertes Lehrenden-Handbuch geflossen, welches Kinder und Jugendliche bei der kompetenten Internetnutzung unterstützen soll und auch zur Reflexion von Geschlechterstereotypen anregen möchte.

Wien, 18.11.2014 – Jugendliche nutzen das Internet auf vielfältige Weise, es ist in ihrem Leben fest verankert. Eine wichtige Bedeutung kommt der Selbstdarstellung der eigenen Person im Internet zu. Jugendliche beschäftigen sich intensiv mit dem eigenen Image-Management. Vor allem Soziale Netzwerke, wie etwa Facebook, Instagram, YouTube oder WhatsApp, bieten dafür eine große Bühne. 

Hier knüpft das FEMtech-Forschungsprojekt imaGE 2.0 (www.selbstdarstellung.at) an, dessen Ziel es war, die Handlungsfelder und Auswirkungen der Selbstdarstellung von Mädchen und Burschen im Internet verstehen zu lernen. Insgesamt wurden zehn qualitative Gruppendiskussionen mit insgesamt 48 österreichischen Schülerinnen und Schülern im Alter von 14-17 Jahren geführt. Hinter dem Projekt stehen das Österreichische Institut für angewandte Telekommunikation (ÖIAT) und das Büro für nachhaltige Kompetenz (B-NK GmbH), gefördert durch die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) mit Mitteln des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie.


Schön, lässig, cool – das Profilbild als „Tor zur Welt“

Fotos sind besonders wichtig für die digitale Selbstdarstellung. Vor allem der Wahl des Profilbilds kommt eine große Bedeutung zu – schließlich ist es in den meisten Sozialen Netzwerken öffentlich einsehbar und für Jugendliche damit das „Tor zur Welt“. Entsprechend sorgfältig werden die Profilbilder inszeniert und ausgewählt. Auf ihnen zeigen sich die Jugendlichen so, wie sie gerne von anderen gesehen werden möchten. Die Wahl der Frisur, der Kleidung, der Pose etc. gibt Auskunft über Lebensstil und Gruppenzugehörigkeit. Die Wahl des „richtigen“ Fotos wird daher auch immer von den innerhalb der jeweiligen Altersgruppe vorgegebenen Rollenbildern bestimmt, und die strotzen oft nur so vor traditionellen Geschlechterklischees. Zum Beispiel wenn Burschen ihre Stärke mit Trainingsfotos oder Mädchen ihre Schönheit durch anzügliche Posen demonstrieren. Eine Schülerin, 15 Jahre, dazu: „Jugendliche versuchen viele Fotos zu posten, weil das Aussehen wichtig ist. Alle wollen eben schön, lässig und cool wirken.“


„Likes“ als Währung für die Beliebtheit

Die eigene Selbstdarstellung im Netz ist für die Jugendlichen auch immer eine Suche nach Bestätigung. Positive Reaktionen, etwa durch Kommentare oder „Likes“, auf die eigenen Postings dienen als Gradmesser für die eigene Beliebtheit und tragen zum Selbstbewusstsein bei. Wer viel Bestätigung erhält, fühlt sich besser als andere. Das kann zu einem regelrechten „Konkurrenzkampf“ im Freundeskreis um die meisten „Likes“ im Netz führen. Inhalte, die nicht so gut ankommen wie erhofft, werden da auch schon mal wieder gelöscht und durch andere/bessere ersetzt. 

„Systematisches Ignorieren und Ausschließen in Sozialen Netzwerken ist auch eine Form von Cyber-Mobbing. Postings, die kaum Bestätigung erhalten, setzen die Jugendlichen stark unter Druck. Sie arbeiten daher hart an der digitalen Selbstinszenierung, damit es erst gar nicht so weit kommt. Manchmal kann das aber auch den gegenteiligen Effekt haben, etwa wenn die Selbstdarstellung von anderen Jugendlichen als zu übertrieben wahrgenommen wird. Die Jugendlichen bewegen sich in einem permanenten Spannungsfeld zwischen Authentizität und Inszenierung“, sagt Sonja Schwarz vom Österreichischen Institut für angewandte Telekommunikation (ÖIAT).


Traurige Gefühle sind im Netz fehl am Platz

Soziale Netzwerke werden von den Jugendlichen als Raum gewünscht, in dem alles positiv dargestellt werden soll. Um dieser „Happy-Gesellschaft“ zu genügen, werden traurige Gefühle oft bewusst unterdrückt. Am ehesten werden sie noch bei Mädchen akzeptiert, aber auch hier haben die Jugendlichen nur eine sehr geringe Toleranzgrenze.

„Beim Umgang mit den eigenen Gefühlen werden die Unterschiede im Online-Nutzungsverhalten von Mädchen und Burschen besonders sichtbar. Burschen scheinen deutlich weniger Handlungsrepertoires zu besitzen als Mädchen, vor allem, wenn es um das Ausdrücken trauriger Gemütslagen geht. Zusätzlicher Druck wird durch Gleichaltrige erzeugt – die befragten Jugendlichen waren sich einig darüber, dass es für Burschen ziemlich uncool ist, online negative Gefühle anzusprechen oder gar Zuspruch dafür zu erwarten“, so Bente Knoll vom Büro für nachhaltige Kompetenz.


Privat ist, was die Eltern nicht sehen sollen

Der „Schutz der Privatsphäre“ ist im Zusammenhang mit Sozialen Netzwerken ein oft diskutiertes Thema. Jugendliche haben ihre ganz eigene Definition von Privatsphäre. Während Erwachsene darin oft die Abgrenzung von Beruf und Privatleben sehen, ist es bei Jugendlichen die Abgrenzung zu den Eltern. Sie möchten Geheimnisse haben dürfen und selbst bestimmen, mit wem sie diese teilen. Doch auch wenn Jugendliche die eigene Privatsphäre als wichtig einschätzen, heißt das keineswegs, dass auch entsprechend gehandelt wird. Man spricht von einem sogenannten „Privacy-Paradox“. 

Sonja Schwarz: „Obwohl die Jugendlichen wissen, dass ihnen so mancher geposteter Inhalt Probleme bringen kann, posten sie ihn trotzdem, weil ihnen in diesem Moment andere Bedürfnisse wichtiger sind. Ein im Sozialen Netzwerk hochgeladenes aufreizendes Foto etwa kann zu einem Streit mit den Eltern führen, auf der anderen Seite aber bringt es im Freundesnetzwerk Aufmerksamkeit und Bestätigung.“


Selbstdarstellung im Internet als Thema für die Schule

Jugendliche kennen die unterschiedlichen Risiken, die die Nutzung digitaler Medien mit sich bringt. Ein Großteil hat bereits selbst die eine oder andere schlechte Erfahrung gemacht. Dennoch tun sich Jugendliche schwer, Online-Gefahren realistisch einzuschätzen und brauchen hier Begleitung. Um Kinder und Jugendliche noch besser bei der kompetenten Nutzung von Internet, Handy & Co. unterstützen zu können, wurden die Ergebnisse aus dem FEMtech-Forschungsprojekt imaGE 2.0 in ein praxisorientiertes Lehrenden-Handbuch verpackt. Die in dem Handbuch dargestellten Tipps und Übungen sollen in erster Linie zum Reflektieren des eigenen Handelns anregen. Bei der Selbstdarstellung im Internet ist es kaum möglich, „richtige“ oder „falsche“ Verhaltensweisen aufzuzeigen. Darüber hinaus hat die Selbstdarstellung im Internet auch viele positive Aspekte, die Kinder und Jugendliche im Rahmen ihrer Ausbildung kennen und erlernen sollten.

Kostenloser Download des Lehrenden-Handbuchs „Selbstdarstellung von Mädchen und Burschen im Internet“ sowie der vollständigen Studie unter: www.selbstdarstellung.at


Rückfragen:

ÖIAT
Mag.a Sonja Schwarz
T: +43 1 595 21 12 24
M: +43 699 18506022
schwarz@oiat.at
www.oiat.at

B-NK GmbH
Dipl.-Ing.in Dr.in Bente Knoll
T: +43 1 990 89 96
M: +43 676 6461015
bente.knoll@b-nk.at
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