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Mit Shitstorms souverän umgehen

Bei vielen löst der Gedanke an einen Shitstorm Panik oder ein großes Fragezeichen aus. Wir haben hilfreiche Tipps zusammengestellt, wie Sie Krisensituationen im Netz kompetent meistern oder verhindern können.

Wer Websites betreibt oder für die Social Media-Kanäle von Organisationen verantwortlich ist, kommt an diesem Begriff nicht vorbei: Shitstorms. Gemeint sind emotional aufgeladene Diskussionen, die sich in Online-Foren, in Sozialen Netzwerken oder in der Kommentarfunktion von Websites oder Blogs abspielen.

Wenn Nutzer/innen online ihre geballte Kritik an Unternehmen, Organisationen, Produkten oder Personen entladen, kochen oft die Emotionen hoch. Viele lassen sich dann zu regelrechten „Entrüstungsstürmen“ hinreißen. Selbst große Konzerne und bekannte Marken sind immer wieder heftiger Kritik auf Online-Plattformen ausgesetzt, die im Netz hundertfach geteilt wird und so schnell ein großes Publikum erreicht. Achtung: In manchen Fällen richten sich die hasserfüllten Kommentare und Beschimpfungen auch gegen einzelne Nutzer/innen – auch hier müssen Sie als Betreiber/in der Website bzw. des Social Media-Auftritts eingreifen!

Viele Seitenbetreiber/innen befürchten, dass einmal entfachte Shitstorms aus dem Ruder laufen und sich nicht mehr bremsen lassen. Doch das richtige Know-how und ein gut durchdachter „Notfallplan“ helfen, Shitstorms kompetent zu meistern oder gar nicht erst entstehen zu lassen.


Wie laufen Shitstorms ab?

Shitstorms entstehen typischerweise innerhalb kürzester Zeit und verbreiten sich im Internet in Windeseile. Durch das Liken und Teilen in Sozialen Netzwerken entsteht eine Art Schneeballeffekt, der sich nur schwer wieder aufhalten lässt. Ausgelöst werden Shitstorms durch mehr oder weniger berechtigte Kritik an einer Organisation oder Person – dies kann z.B. bestimmte Haltungen, Entscheidungen oder Aussagen betreffen, aber auch Fehler oder Anfeindungen durch Dritte. Bei einem Shitstorm verläuft die Diskussion in aggressivem, beleidigendem Tonfall und ist sachlichen Argumenten meist nicht mehr zugänglich. Manchen User/innen – sogenannten „Trollen“ – geht es überhaupt nur darum, Unruhe zu stiften und zu provozieren, um eigenem Ärger Luft zu machen. 


Was wollen die Kritiker/innen von uns?

Was können Sie als Seitenbetreiber/in also tun, wenn ein Shitstorm über Sie oder Ihre Organisation hereinbricht? Lesen Sie die Diskussionsbeiträge zunächst aufmerksam durch und versuchen Sie zu verstehen, worum es den Beteiligten eigentlich geht:

  • Möchte der Nutzer/die Nutzerin nur Aufmerksamkeit? Versuchen Sie, diese direkt (z.B. über eine Privatnachricht) zu kontaktieren, und zeigen Sie, dass Sie seine/ihre Kritik ernst nehmen.

  • Geht es dem Nutzer/der Nutzerin um die Lösung eines Problems? Erklären Sie, warum es zu dieser Situation gekommen ist und stellen Sie geplante Maßnahmen und Lösungsansätze vor (kann auch öffentlich sein). Vermitteln Sie der Person, dass Sie auch für Vorschläge von „außen“ offen sind.

  • Geht es dem Nutzer/der Nutzerin um Grundsatzfragen? Falls angemessen, sprechen Sie eine Entschuldigung aus. Bieten Sie Informationen und Erklärungen an und erläutern Sie geplante Maßnahmen (kann auch öffentlich sein).

  • Will der Nutzer/die Nutzerin nur provozieren? Bleiben Sie cool und sachlich oder nehmen Sie die Stänkereien mit Humor. Lassen Sie sich jedenfalls nicht auf emotionale Diskussionen ein! Wenn es Ihnen zu viel wird, können Sie derartige „Trolle“ ignorieren oder sperren und die hasserfüllten Postings wieder löschen.

  • Will der Nutzer/die Nutzerin eine Entschädigung? Klären Sie die Hintergründe und bieten Sie gegebenenfalls in einer privaten Nachricht eine angemessene Wiedergutmachung bzw. Anerkennung an.

 

Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen: Eine schlechte Strategie bei Shitstorms.
Bild: Anderson Mancini, Three Wise Monkeys, lizenziert unter CC BY 2.0

Wie sollen wir auf Shitstorms reagieren?

Zeichnet sich ein (beginnender) Shitstorm ab, fühlen sich viele Verantwortliche zunächst überfordert und hilflos. Das Wichtigste ist nun, nicht den Kopf in den Sand zu stecken, sondern besonnen, systematisch und transparent vorzugehen. Folgende Tipps können helfen, eine anrollende Kritikwelle abzufangen bzw. diese souverän zu meistern:

  • Ruhe bewahren. Panik und vorschnelle Entscheidungen helfen nun niemandem weiter!

  • Schnell reagieren und ernst nehmen. Zeigen Sie rasch Präsenz und reagieren Sie auf kritische Kommentare oder Postings. Auf diese Weise kann bereits viel Druck abgebaut werden. Keinesfalls sollten Sie einfach den Kopf in den Sand stecken und die Diskussion ignorieren.

  • Transparenz zeigen. Informieren Sie sachlich, ehrlich und leicht verständlich über die Hintergründe der aktuellen Situation. Begründen Sie auch Ihre bisherige und zukünftige Vorgehensweise.

  • Postings nicht löschen! Kritische Kommentare sollten Sie nicht einfach entfernen – womöglich wurden diese bereits von anderen Nutzer/innen gelesen und das Löschen sorgt für noch mehr Empörung (denken Sie auch an die Möglichkeit von Screenshots!). Ausnahme: Sind einzelne Postings bedrohlich formuliert, sinnlos beleidigend oder rechtswidrig, ist das Entfernen gerechtfertigt. Kommunizieren Sie in solchen Fällen aber offen, dass Beiträge gelöscht wurden und nennen Sie die Gründe für diese Entscheidung. Bei rechtswidrigen Inhalten in Sozialen Netzwerken können Sie die Person auch direkt an die Betreiber/innen der Plattform melden (wie das in den einzelnen Netzwerken funktioniert, können Sie in unseren Privatsphäre-Leitfäden nachlesen: www.saferinternet.at/leitfaden).

  • Spielregeln aufstellen. Falls Sie das nicht schon im Vorfeld getan haben („Netiquette“), formulieren Sie „Benimmregeln“ für die Nutzung Ihrer Website bzw. Ihrer Facebook-Seite etc. Verweisen Sie im Fall eines Shitstorms auf diese Regeln und machen Sie deutlich, welche Konsequenzen Verstöße haben (z.B. Ausschluss aus der Community, Löschen der Beiträge, ...).

  • Sachlich und professionell bleiben. Auch wenn Sie harscher Kritik ausgesetzt sind – werden Sie nicht ausfallend! Kommunizieren Sie stets höflich und konstruktiv und lassen Sie sich nicht auf emotionale Diskussionen einen. Ignorieren Sie z.B. sogenannte „Trolle“ oder gezielte Provokationen. Holen Sie sich Unterstützung, falls Ihnen die Kritik persönlich nahe geht.

  • Dialog suchen. Gehen Sie auf konstruktive Kritik einzeln ein und antworten Sie dem Nutzer/der Nutzerin persönlich. Sie können hierfür z.B. auch Privatnachrichten nutzen.

  • Diskussionen verlagern. Vor allem bei einer sehr großen Anzahl an Beteiligten kann es sinnvoll sein, die Diskussion auf andere Kanäle zu verlagern. Sie können z.B. ein eigenes Forum einrichten, auf Privatnachrichten umsteigen oder eine Telefonnummer für Fragen kommunizieren.

  • Shitstorm dokumentieren. Es kann hilfreich sein, die Vorfälle zu dokumentieren (Screenshots, E-Mail-Verkehr, Chatprotokolle, ...), beispielsweise für interne Analysen oder Schulungen.


Was sollen wir bei Shitstorms kommunizieren?

Welche Inhalte Sie den Kritiker/innen kommunizieren sollen, hängt natürlich stark von der jeweiligen Situation ab. Hier finden Sie einige grundlegende Hinweise und Empfehlungen:

  • Beziehen Sie Position und stellen Sie beispielsweise eine offizielle Stellungnahme zur Verfügung (z.B. als PDF-Download auf Ihrer Website oder als Video-Statement).

  • Gestehen Sie Fehler ein und versuchen Sie nicht, die Dinge schönzureden. Kommunizieren Sie ehrlich und authentisch – in Krisensituationen ist es doppelt wichtig, auf „Phrasendreschereien“ zu verzichten.

  • Bieten Sie gut aufbereitete, gründlich recherchierte Hintergrundinformationen zum diskutierten Thema an.

  • Kommunizieren Sie offen, welche Konsequenzen Sie aus der aktuellen Krise ziehen und welche Maßnahmen Sie ergreifen, um ähnliche Vorfälle in Zukunft zu verhindern. Schlagen Sie konkrete Lösungen vor, keine leeren Versprechungen!

  • Versuchen Sie im Fall von persönlichen Angriffen die Diskussion wieder auf eine sachliche Ebene zu lotsen. Stellen Sie klar, warum Sie auf untergriffige Inhalte nicht eingehen.


Was können wir tun, wenn Einzelne gemobbt werden?

Schauen Sie nicht weg, wenn User/innen im Eifer der Diskussion beginnen, verbal aufeinander loszugehen! Besonders wenn einzelne Personen betroffen sind, sollten Sie als Seitenbetreiber/in einschreiten und die Opfer unterstützen. Was können Sie konkret tun?

  • Bei Shitstorms geht das Mobbing von einzelnen Nutzer/innen manchmal so weit, dass persönliche Informationen über die Gemobbten veröffentlicht werden, z.B. Wohnadresse, Arbeitgeber, Kontaktdaten etc. („Doxing“). Postings mit den persönlichen Daten von Privatpersonen sollten Sie sofort löschen und die Poster/innen sperren.

  • Oft hilft allein schon die Präsenz des Administrators/der Administratorin, um die Situation zu beruhigen. Fordern Sie die Community zu mehr Respekt und Höflichkeit auf.

  • Weisen Sie auch hier auf die Spielregeln für die Kommunikation bzw. eine Netiquette hin und legen Sie dar, welche Konsequenzen die Nichtbefolgung hat.

  • Sperren Sie gegebenenfalls User/innen, die andere sinnlos beleidigen oder beschimpfen. Erklären Sie in der Community, warum der User/die Userin von der weiteren Nutzung Ihrer Seite ausgeschlossen wurde.

  • Nehmen die Beschimpfungen und Beleidigungen überhand, löschen Sie die entsprechenden Postings. Kommunizieren Sie wieder offen, warum diese Beiträge entfernt wurden.


Was tun, wenn nichts mehr geht?

Scheuen Sie sich nicht, die Polizei hinzuzuziehen, wenn die Situation eskaliert (z.B. Androhung von Gewalt, Posten von rechtswidrigen Inhalten, ...). Weisen Sie die User/innen auf mögliche Konsequenzen eines derartigen Online-Verhaltens hin. Beschimpfungen, Bedrohungen bzw. Cyber-Mobbing können unter bestimmten Umständen strafbar sein, beispielsweise nach §105 StGB (Nötigung), §111 StGB (Üble Nachrede) oder §115 StGB (Beleidigung).


Wie können wir einem Shitstorm vorbeugen?

Um derartige Krisensituationen zu verhindern, können bereits im Vorfeld entsprechende Maßnahmen getroffen werden. Diese können im Ernstfall auch helfen, das Ausmaß des Shitstorms zu begrenzen:

  • Stellen Sie klare Regeln für die Kommunikation auf! Klären Sie im Vorfeld Kompetenzen ab und legen Sie sich im Team eine Strategie für Krisenfälle zurecht.

  • Entwickeln Sie gemeinsam im Team einen „Notfallplan“ – vereinbaren Sie beispielsweise Bereitschaftsdienste an Wochenenden oder Feiertagen.

  • Erarbeiten Sie Social Media Guidelines. Wenn Sie Seiten bzw. Unternehmens-Accounts in Sozialen Netzwerken betreiben, ist generell die Verwendung von sogenannten „Social Media Guidelines“ (oder auch „Social Media Policy“) sehr sinnvoll – nicht nur im Hinblick auf mögliche Shitstorms. Darin werden grundlegende Richtlinien für den Umgang mit Sozialen Netzwerken im Sinne der Organisation festgehalten. Die Guidelines sollen Mitarbeiter/innen in erster Linie helfen, die private von der beruflichen Nutzung zu trennen. In Krisensituationen wie Shitstorms bieten sie aber auch wichtige Anhaltspunkte: Was darf gesagt werden, was nicht?  Was ist im Sinne der Organisation, was nicht? Welche Freiheiten gibt es, wo sind die Grenzen? Wer trifft Entscheidungen? Wer reagiert? Hier finden Sie einige gute Beispiele für Social Media Guidelines.


Shitstorms als Chance wahrnehmen

Haben Sie keine Angst vor Shitstorms! Je besser Sie vorbereitet sind, desto weniger können Ihnen Krisensituationen etwas anhaben! Oft beschert die öffentliche Kritik der betroffenen Organisation bzw. Person auch positive Publicity – etwa wenn Unterstützer/innen auf Sie aufmerksam werden. Wenn Sie richtig reagieren, ebbt ein Shitstorm in der Regel nach wenigen Tagen wieder ab. Nutzen Sie diese Erfahrung als Chance! Reflektieren Sie im Team die Ereignisse und versuchen Sie, daraus wertvolle Erkenntnisse für die Zukunft zu ziehen. Was hat gut funktioniert? Was sollte beim nächsten Mal besser klappen? Halten Sie diese Erkenntnisse fest und lassen Sie sie in Ihre künftige Strategie einfließen.


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