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Sexismus im Online-Gaming

Digitale Spiele Problematische Inhalte

Thema der dritten Veranstaltung unserer Gesprächsreihe „Online-Sexismus – was tun?“ waren die vielfältigen Formen von Sexismus in Online-Computerspielen und wie man sich dagegen wehren kann.

"Ihr Frauen kennt euch beim Spielen ja nicht aus!"

Die Sprache, die Gestaltung der Spielfiguren, Aussagen von Gamern in Livestreams und systematische Beleidigungen von Mit-Spielerinnen: Um diese vielfältigen Formen von Sexismus im Gaming-Bereich ging es bei der dritten Veranstaltung der Online-Gesprächsreihe „Online-Sexismus – was tun?“, die wir mit dem Frauenservice der Stadt Wien organisieren.

Unsere pädagogische Leiterin Barbara Buchegger sprach mit der Spielerin und Gaming-Expertin Sarah Kerschhaggl darüber, was wir dagegen tun können.

„Ihr Frauen kennt euch beim Spielen ja nicht aus.“ „Naja, Candy Crush ist ja kein richtiges Spiel.“ „Ich komme mal vorbei und zeige dir, wie das Spiel wirklich funktioniert.“ – mit solchen und ähnlichen Aussagen sieht sich Sarah Kerschhaggl als langjährige Spielerin immer wieder konfrontiert. Diese von Männern wahrgenommene Überlegenheit gegenüber Frauen, zeigt sich ihr zufolge auch in der Auswahl der Charaktere beim Spielen. Weibliche Charaktere sind selten diejenigen, die stark sind und draufhauen. Viel öfter kommt ihnen die Rolle der Heilerin zu. Damit ist das klischeehafte Geschlechterbild auch im Gaming-Bereich bedient: Die Frau ist Support und „Caregiverin“.

Erwachsene leben vor, Kinder ahmen nach

In Online-Spielen kommen SpielerInnen verschiedenen Alters zusammen. Was erstmal nett klingt, kann sich vor allem auf Kinder und Jugendlichen auch negativ auswirken. „Es wird nach den Regeln der Erwachsenen gespielt, nicht nach denen der Kinder.“, versucht Kerschhaggl das Problem zu erklären. Damit meint sie auch Regeln, in denen Diskriminierungen reproduziert werden.

Gerade bei stark wettbewerbsorientierten Spielen kommt es häufig zu einer sogenannten "toxic community", einer Gemeinschaft, in der SpielerInnen aggressiv, laut und dabei auch verletzend gegenüber anderen MitspielerInnen werden. Auch Sexismus, Rassismus oder Ableismus sind hier keine Seltenheit. Gleichzeitig geben die Spiele weder Raum, um ein solches Verhalten zu reflektieren noch effektive Möglichkeiten, diskriminierendes Verhalten zu kontrollieren.

Werden Kinder und Jugendliche Teil einer solchen toxischen Spielgesellschaft, kommen sie unweigerlich mit diskriminierenden Aussagen in Kontakt – und das gehäuft. Gleichzeitig sagt ihnen niemand, dass so ein Verhalten nicht in Ordnung ist. Wie so oft gilt: Erwachsene leben vor, Kinder ahmen nach.

Shitstorms gegen Frauen und Mädchen

Ein weiteres großes Problem in Gaming Communities sind sogenannte Shitstorms gegen Frauen und Mädchen. Diese zeigen sich zum Beispiel in den Chats. Laut Kerschhaggl reicht es oftmals schon, das Wort "Frau" überhaupt auszusprechen, um eine Vielzahl von sexistischen Sprüchen im Chat zu lesen oder als Feministin beschimpft zu werden. Es gibt auch Spieler, die für ihren Sexismus bekannt sind – einem Sexismus, der bis zur sexualisierten Gewalt und zu Vergewaltigungsfantasien gehen kann.

Interesse an feministischen Themen gibt es Kerschhaggl zufolge hingegen meist nicht. Dasselbe Desinteresse ist ihr zufolge auch ein Grund, wieso sich die Shitstorms manchmal auch gegen die Spiele-Entwicklerinnen ausweiten. Vor allem dann, wenn diese sich gegen das Gewohnte stellen. Gewohnt bedeutet zum Beispiel: Männlich gelesene Charaktere, die eine Ritterrüstung tragen. Weiblich gelesene Charaktere, die leicht gekleidet ihre großen Brüste und schmalen Hüften zur Schau stellen. Entwickeln die großen Spieleunternehmen stattdessen weibliche Charaktere, die diesem Bild nicht entsprechen oder gar nicht-weiße Charaktere, ist der Shitstorm vonseiten SpielerInnen meist nicht weit. Solche Charaktere seien nicht realitätsnah, heißt es dann plötzlich. Dass es sich oft um Fantasiewelten und -charaktere handelt, wird unwichtig.

All diese Formen von Sexismus führen dazu, dass sich viele Spielerinnen gar nicht erst als weiblich zu erkennen geben und dadurch unsichtbar bleiben.

Was gegen Sexismus im Gaming-Bereich gemacht werden kann

Sexismus ist in der Gaming-Szene omnipräsent und mächtig. Dennoch kann man etwas dagegen tun. Wie die Gaming-Branche besser gestaltet werden kann und wie sich benachteiligte SpielerInnen wehren können, war abschließendes Thema der Diskussionsrunde.

  • Spiele-EntwicklerInnen stärker zur Verantwortung ziehen.
    Sexistische Strukturen aufzubrechen, ist eine gemeinsame Anstrengung. Das zeigt sich auch an bisherigen Shitstorms gegen jene EntwicklerInnen, die Sexismus verurteilen.
  • Laut gegen Sexismus auftreten.
    Es ist wichtig, Sexismus klar als solchen zu benennen und dagegen aufzutreten. Ein Beispiel dafür sind die Hashtags #GamerGate und #GamerLeaks, die Spielerinnen und Entwicklerinnen verwenden, um in Sozialen Medien über sexistische Erfahrungen zu schreiben.
  • Kinder beim Spielen begleiten.
    Es ist wichtig, dass Eltern sich dafür interessieren, was ihre Kinder tun und warum diese gerne Online-Spiele nutzen. Was sind gute Computerspiele? Ab welchem Alter sind digitale Spiele unbedenklich? Wie lange sollte ein Kind spielen? Informieren Sie sich als Eltern über digitale Spiele und was zu tun ist, wenn das Spielverhalten Ihres Kindes dennoch einmal Sorgen macht.

Letzter Termin der Online-Gesprächsreihe

  • Dienstag, 07. Juli 2020, 18-19 Uhr: Was steckt hinter Online-Sexismus? – mit Männerforscher Erich Lehner