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Self-Tracking: Die Vermessung der (eigenen) Welt

Soziale Netzwerke

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Gut geschlafen? Genug bewegt? Ausreichend Kalorien verbrannt? Und all das in der richtigen Pulsfrequenz? Self-Tracking – ob mit Schrittzähler, Fitness-App oder Pulsuhr wird immer beliebter. Wir schauen uns den Trend genauer an.

Zu einem modernen Leben gehört es fast schon dazu, persönliche Körperdaten wie Schlafrhythmus, Kalorienzufuhr oder gelaufene Kilometer mitzuverfolgen. Der Begriff „Self-Tracking“ bezeichnet die Erfassung von Daten, die die eigene Person betreffen („self“ engl. für „selbst“; „to track“ engl. „verfolgen, überwachen“). Alternativ dazu wird auch die Bezeichnung „Lifelogging“ gebraucht („to log“ engl. für „protokollieren“). Erledigt wird diese Selbstvermessung von Hilfsmitteln wie Apps oder Fitness-Geräten wie den handlichen „Wearables“.

Nur was für den Profisport? Längst nicht mehr. Umso einfacher die Anwendung, desto beliebter sind die kleinen Geräte auch bei Laien und Hobbysportler/innen.

Computer fürs Handgelenk?

Es gibt viele Möglichkeiten den eigenen Körper zu "tracken": mit digitalen Waagen, die den Körperfettanteil messen, Schrittzählern oder Pulsuhren. Zunehmend wichtig werden sog. Wearables („wearable“ engl. „tragbar“) – kleine Computersysteme, die entweder direkt am Körper getragen werden (wie z. B. Smartwatches) oder als Sensoren in der Kleidung integriert sind. 

Wearables dienen der Erfassung von Daten und ermöglichen ihren Anwender/innen eine spätere Analyse ihrer Leistungen. Die visuelle Aufbereitung der Daten ermöglicht selbst Laien eine rasche Auswertung. Wearables sind mit dem Smartphone und dadurch indirekt mit dem Internet verbunden. Die damit aufgezeichneten Daten können unmittelbar mit anderen Nutzer/innen oder über Soziale Netzwerke geteilt werden. So findet ein ständiger Datenaustausch statt, was bei besonders motivierten Nutzer/innen zu einem zusätzlichen Leistungsdruck bzw. zu einer Wettbewerbssituation führen kann.

Den Datenanalysen nicht blind vertrauen

Viele User/innen lassen sich nur allzu gerne per Handy-Nachricht oder Pop-ups an die tägliche Sporteinheit oder Obstportion erinnern. Self-Tracking-Apps und Gadgets dienen in vielen Fällen der (Selbst)Motivation: Leicht erreichbare Zwischenziele sowie die Darstellung von bisherigen Erfolgen spornen Trainierende regelmäßig zu noch besseren Leistungen an. Jedoch sollten Nutzer/innen vorsichtig sein – nicht jede Self-Tracking-App arbeitet korrekt. Vor allem Dienste, die eher Unterhaltungscharakter haben, sind keine verlässlichen Quellen – den errechneten Daten und Analysen sollte nicht blind vertraut werden. Vor sportlichen oder gesundheitlichen Entscheidungen sollte unbedingt eine ärztliche Meinung eingeholt werden.

Datenschutz wird vernachlässigt

Damit die Geräte und Apps ihren Dienst verrichten können, müssen sie vorher mit Informationen gefüttert werden. Zu Beginn müssen Nutzer/innen persönliche Daten, wie z. B. Alter, Gewicht, Geschlecht oder individuelle Ernährungsgewohnheiten eingeben. Wer auf den Schutz der eigenen Privatsphäre bedacht ist, kommt bei den neugierigen Gadgets nicht sehr weit.

Auch bei der Vermessung selbst fließen Daten in Strömen. Diese werden nicht nur an die Nutzer/innen sondern auch an die App-Anbieter übermittelt. Das ist aus Datenschutzsicht nicht unproblematisch. Besonders schwierig ist in diesem Zusammenhang, dass viele dieser Dienste an Soziale Netzwerke gekoppelt sind und die Daten zusätzlich auch an diese weitergegeben werden. Für viele Nutzer/innen ist es mittlerweile Routine geworden, ihre absolvierten Laufkilometer auf Facebook zu teilen. Derartige Daten sind von Herstellern und der Werbeindustrie heiß begehrt – schließlich sagen sie viel über Trainierende, deren Gesundheitszustand und Gewohnheiten aus. Nutzer/innen sollten weiters bedenken, dass GPS-fähige Geräte zusätzlich Positions- und Standortdaten sammeln.

Unternehmen schlagen Kapital aus Lebensdaten

Das Teilen von Daten sowie deren wechselseitiger Austausch sind zentrale Aspekte der Self-Tracking-Bewegung. Dennoch sollten sich Nutzer/innen dessen bewusst machen, dass sie mit der Verwendung von Fitness-Armbändern & Co. eine große Menge an persönlichen Daten von sich preisgeben. Unklar ist oft, wie gut diese sensiblen Informationen von den Anbietern geschützt werden und wer tatsächlich Einblick in persönliche Fitness- und Gesundheitsdaten hat. Die Gefahr von Missbrauch ist jedenfalls gegeben, die möglichen Folgen sind derzeit noch schwer abschätzbar.

Während die Nutzung von Fitnessdaten für personalisierte Werbung noch harmlos erscheint, integrieren manche US-Unternehmen Fitness-Armbändern schon seit Längerem in die betriebliche Gesundheitsvorsorge für ihre Mitarbeiter/innen. Das Ziel: Verringerung der Krankenstände und Senkung der Gesundheitskosten. Wearables und Self-Tracking-Apps spielen aber auch in den Programmen amerikanischer Versicherungsunternehmen eine immer wichtigere Rolle: So erhalten teilnehmende Kund/innen etwa beim Erreichen von bestimmten Fitness-Zielen Belohnungen und Vergünstigungen.

2016 startete der zweitgrößte Privatversicherer Deutschlands „Generali" einen Tarif, der gesundheitsbewusstes Verhalten belohnen soll. Der Gesundheitszustand wird vor allem durch die aufgezeichneten Daten eines Fitness-Armbandes nachgewiesen. Tracking-Daten genießen unter Versicherungen große Attraktivität zur Risikoeinschätzung ihrer Kund/innen. Weiters sollte es auch Tracking-Tools geben, die das Fahrverhalten ihrer Kund/innen aufzeichnet. Diese Daten könnten schließlich als Entscheidungsträger für die Beitragshöhe genützt werden. In Österreich ist eine derartige Verarbeitung der Daten noch nicht Praxis.

Kleine Geräte mit großem Potenzial

Der Markt der Wearables hat sein Potenzial bei Weitem noch nicht ausgeschöpft. Eine beispielhafte Weiterentwicklung, die sich jetzt schon beobachten lässt, ist die die mobile Bezahlung mit Wearables oder die Steuerung von Smart-Home-Anwendungen, wie Alexa, Google Home und Co.

Ein weiterer steigender Trend ist das Tracken von Kindern anhand von Smartwatches: Eltern können anhand von GPS-Daten, die über die Uhren der Kinder erhoben werden, jederzeit mitverfolgen, wo sich das eigene Kind befindet und Kontakt zu ihm aufnehmen. Keine leichte Entscheidung – denn das Gefühl gesteigerter Sicherheit kann sich auch in einem Vertrauensbruch mit den eigenen Kindern niederschlagen. Mehr dazu demnächst auf Saferinternet.at.

Fazit

Das Aufzeichnen eigener körperlicher Leistungen kann als Ergänzung zu einem gesunden Lebensstil hilfreich sein oder schlichtweg unterhalten. Wichtig ist jedoch, sich über Risiken bewusst zu sein. Die kleinen Computer sind oft fehleranfällig und erweisen sich gleichzeitig als große Datenschleudern, deren Risiko sich nicht vollends abschätzen lässt.