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„Gleich und gleich gesellt sich gerne“

Lehrende Cybermobbing

Warum Kinder und Jugendliche ihrer Peer-Gruppe besser zuhören als Erwachsenen und wie man dieses Phänomen nutzen kann – ein Gastbeitrag einer Expertin für Peer- und Schulmediation.

Peer-Gruppen beeinflussen Kinder und Jugendliche stärker als Eltern

Erinnern Sie sich noch an Ihre eigene Schulzeit? Wie cool waren doch Sylvia und Peter aus der Klasse über Ihnen. Und wie wichtig war Ihnen die Meinung Ihrer FreundInnen, im Vergleich zu jener Ihrer Eltern?

Eben! Peers (gleichaltrige ExpertInnen) nehmen einen wesentlichen Einfluss auf unsere Entwicklung. So geht es auch unseren Kindern. Sie lernen nur bedingt von uns Eltern, vor allem wenn es um die Nutzung von Medien geht. Die wesentlichen Dinge, also das, was für sie wirklich entscheidend ist, lernen sie von Gleichaltrigen. Uns Erwachsenen trauen sie meist nicht zu, so gut und cool mit sozialen Medien umzugehen, wie ihren Peers.

Manche Schulen nutzen dieses Phänomen und etablieren so genannte Peer-Programme in denen Kinder und Jugendliche voneinander lernen können: zum Beispiel einen guten Umgang miteinander, eine verantwortungsvolle Mediennutzung und auch wie Mobbing von vornherein verhindert werden kann.

Gastautorin Mag.a Christine Haberlehner (Expertin für Peer- und Schulmediation und Leiterin der Akademie für Mediation und Persönlichkeitsbildung) gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen rund um den Einsatz von Peers an Schulen.
 


Fragen und Antworten rund um Peer-Programme

Worüber reden Peers mit SchülerInnen?

Peers unterstützen ihre MitschülerInnen bei genau jenen Fragen, die diese gerade im Alltag beschäftigen. Besprochen wird, was für die SchülerInnen selbst wichtig ist.

Beispiele:
Wie schafft man ein gutes Klassenklima? Wie ticken die LehrerInnen? Wie geht man mit dem Handy richtig um? Was kann man bei Mobbing tun? Wie geht man mit verschiedenen Kulturen um? Wie lerne ich besser?

Wer kann solche Peer-Gruppen anleiten?

Peers sollten auf keinen Fall alleine gelassen, sondern professionell bei ihrer Arbeit begleitet werden. Dazu braucht es gut ausgebildete LehrerInnen, sogenannte Peer-Coaches, die die SchülerInnen zu Peer-MediatorInnen ausbilden und bei der Konfliktbearbeitung begleiten. Eine sehr anspruchsvolle Tätigkeit, die eine hohe soziale Kompetenz aller Beteiligten voraussetzt!

Wie kommen SchülerInnen und Peers zusammen?

Entweder in einer Unterrichtsstunde, in der die Peers statt der Lehrperson Rede und Antwort stehen oder bei gemeinsamen Aktivitäten in der Pause oder in der Freizeit. Darüber hinaus kann es sinnvoll sein sogenannte Klassenräte (freiwillige wöchentliche Versammlungen für SchülerInnen) einzurichten, in denen Peers direkt mit den Klassen arbeiten oder Workshops für jüngere SchülerInnen planen können.

Welche Art von Peer-Programmen gibt es?

Am weitesten verbreitet sind Peer-Mediations-Programme zur Verbesserung des Schul- und Klassenklimas. SchülerInnen werden zu Peer-MediatorInnen ausgebildet und unterstützen als solche andere SchülerInnen mit ihrem ExpertInnenwissen bei Konflikten oder Problemen. Peer-MediatorInnen werden von Erwachsenen, sogenannten Peer-Coaches, bei ihrer Arbeit unterstützt. Auch Peer-Coaches werden speziell dafür ausgebildet.

Peers können aber grundsätzlich je nach Bedarf auf jedes Thema – wie zum Beispiel Sexualität – spezialisiert werden.

Peer-Mediation und Gewaltprävention – wie hängt das zusammen?

Peer-Mediation ist eine der stärksten Maßnahmen zur Gewaltprävention an Schulen. Nur wenn SchülerInnen mithelfen, Konflikte frühzeitig zu lösen und gemeinsam am Schul- und Klassenklima arbeiten, können Gewalt und Mobbing verhindert werden. Diese Tatsache muss in der aktuellen Diskussion rund um Gewalt an Schulen berücksichtigt werden. Um Gewalt an Schulen zu verhindern, braucht es flächendeckende Peer-Mediations-Programme an allen Schulen.

Was bringt es der Schule, ein Peer-Mediations-Programm zu betreiben?

Die Arbeit mit Peers passiert nicht nebenbei, sie erfordert eine gründliche Planung und Betreuung. Der Aufwand macht sich jedoch auf jeden Fall bezahlt. Bis zu 80% weniger Konflikte landen in der Direktion, das Zusammenleben der Klassenverbände wird messbar verbessert und auch interkulturelle Gruppen können besser betreut werden. Die Gewaltbereitschaft an Schulen, die ein erfolgreiches Peer-Programm betreiben, sinkt signifikant. Nur wenn das Klassenklima passt, ist Lernen möglich!

Was bringt Peer-Mediation den LehrerInnen?

Den LehrerInnen ist zwar meist bekannt, dass erfolgreiche Peer-Programme einen positiven Effekt auf das generelle Schulleben haben. Dennoch fällt ihnen die Umsetzung solcher Programme nicht immer leicht. Schließlich haben diese auch zur Folge, dass einzelne SchülerInnen in manchen Unterrichtsstunden fehlen (weil sie andernorts gebraucht werden) oder dass über sie gesprochen wird.

Haben die SchülerInnen Redebedarf ist eine professionelle Kommunikation einer unkontrollierten dennoch vorzuziehen – auch wenn es manchmal unangenehm sein kann, zum Zentrum der Aufmerksamkeit zu werden. Konflikte können so oft schnell gelöst werden ohne das Lernklima und den Unterricht zu stören. Außerdem können Lehrende selbst direkt von der Kompetenz der Peers profitieren, in dem sie diese als kompetente AnsprechpartnerInnen für Konflikte und Mobbing heranziehen und sich mit ihnen beraten.

Wo können sich die LehrerInnen ausbilden lassen?

Manche pädagogische Hochschulen bieten spezielle Lehrgänge zur Ausbildung zum Coach für Peer-Learning oder Peer-Mediation an: in Wien z. B. an der KPH Wien/Krems, in Klagenfurt an der Uni Klagenfurt, in der Steiermark an der PH Steiermark und in Oberösterreich an der PH Oberösterreich.

Was mache ich, wenn es an der Schule meines Kindes noch kein Peer-Programm gibt?

Setzen Sie sich am besten mit der Direktion in Verbindung. Diese entscheidet über die Einführung solcher Programme, schickt LehrerInnen in die Ausbildung und ermöglicht das Arbeiten der SchülerInnen.


Die Qualität des Peer-Programmes ist entscheidend – „Zertifizierte Schule ÖBM“

Peer-Programme sind immer auch ein Schulentwicklungsprozess. Eine Schule muss sich bewusst dafür entscheiden, die SchülerInnen stärker am Schulleben zu beteiligen, Ressourcen für Peer-Coaches bereit zu stellen und die Struktur an der Schule zu verändern. Der Österreichische Bundesverband für Mediation (ÖBM) unterstützt Schulen, die Peer-Mediations-Programme in guter Qualität umsetzen. Nach Überprüfung der Kompetenzen der Peers und Peer-Coaches kann die Schule ein Qualitätssiegel – die „Zertifizierte Schule ÖBM“ – erhalten.