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Selfie: Selbstverständlich!

Selbstdarstellung

Sie sind äußerst beliebt und überall verbreitet: Selfies, digitale Selbstporträts, die mit verlängertem Smartphone-Arm geknipst wurden. Viele Aufnahmen sind originell und witzig, manche aber das genaue Gegenteil.

Der romantische Sonnenuntergang am Strand, das Gipfelkreuz nach langer Bergwanderung, das Beisammensein mit Freund/innen am Kirtag: So gut wie jede Alltagssituation bietet sich dazu an, mittels Smartphone-Selfie festgehalten zu werden. Einfach nur den verlängerten Handy-Arm ausgefahren, klick – fertig ist der Schnappschuss und bereit zum Hochladen auf Facebook, Instagram oder Twitter. Dabei stört es gar nicht, dass der Fotowinkel stets derselbe ist und jeweils nur so weit reicht, wie die eigenen Arme lang sind. Selfie ist Selfie und das gilt inzwischen fast schon als kollektives Kulturgut, und zwar weltweit.
 

Keine Erfindung des 21. Jahrhunderts

Im Grunde genommen sind Selfies klassische Selbstporträts – und damit keine Erfindung des digitalen Zeitalters. Selbstporträts waren schon unter Renaissance-Malern sehr populär, ihre Ursprünge reichen vermutlich sogar bis in die Antike zurück. Während früher das Anfertigen von Selbstporträts viel Zeit und auch Talent benötigte, kann ein Selfie im digitalen Zeitalter auch von Laien schnell erstellt werden. Zahlreiche Apps und Bildbearbeitungs-Tools helfen, sich selbst auch gleich noch ins gewünschte Licht zu rücken.


Selbstporträt des Malers Paul Gauguin, 1893 (c) Paul Gauguin [Public domain], via Wikimedia Commons


Selfies macht man nicht für sich selbst

Nur selten verbleiben die digitalen Selbstporträts unbeachtet auf der Speicherkarte – mit nur wenigen Klicks können sie per Messenger an Familie oder Freund/innen verschickt oder in Sozialen Netzwerken geteilt werden. Genau darin liegt auch der eigentliche Reiz von Selfies: Man macht sie nicht für sich selbst. Vielmehr dienen die Bilder (auch) der Selbstinszenierung und Imagepflege im Netz. Doch allzu übertriebene Posen oder ständige „Aufmerksamkeitshascherei“ können auch schnell gegenteilige Effekte hervorrufen. Nicht selten bieten Selfies Angriffsfläche für Neid, Spott, Häme oder Cyber-Mobbing


„Recht am eigenen Bild“ beachten

Sind auf einem Selfie neben einem selbst auch noch andere Personen zu sehen, sollte unbedingt das Recht am eigenen Bild beachtet werden. Dieses ist im österreichischen Urheberrechtsgesetz verankert und besagt, dass veröffentlichte Fotos die abgebildeten Personen nicht herabsetzen oder bloßstellen dürfen. Werden Dritte auf einem Selfie in einer nachteiligen Situation dargestellt, können diese die Veröffentlichung des Bildes untersagen. Daher am besten vor dem Hochladen eines Selfies auf Facebook & Co. bei den anderen Abgebildeten nachfragen, ob die Veröffentlichung für diese in Ordnung ist. Selbiges gilt auch für Fotomarkierungen – nicht jeder/jedem ist das recht. Vor dem Hochladen sollte man daher am besten immer überlegen, ob man selbst auf einem derartigen Bild über Pinnwände und durch Postfächer geistern möchte.
 

Selfie-Trend bei Jugendlichen

Bei Jugendlichen sind Selfies seit Jahren Dauerbrenner. Einer der Gründe dafür: Selfies helfen dabei, sich selbst in Szene zu setzen, zu experimentieren und die eigene Wirkung auf andere auszutesten. Die Kommentare und „Gefällt mir“-Angaben, die man auf Selfies erhält, gelten für viele als Gradmesser für die eigene Beliebtheit und Attraktivität. Da wird auch schon mal ein Foto gelöscht, wenn es zu wenig positives Feedback erhält – eine manchmal ganz schön harter Wettbewerb, der da im Netz gefochten wird. Von diesem Aufmerksamkeitsgerangel abgesehen, leben viele Jugendliche bei den Selfies auch ihre kreative Seite aus. Trends werden geschaffen, weiterentwickelt und später auch parodiert, so wie dies zum Beispiel beim sogenannten „Duckface“ der Fall war, dem übertriebenen Posieren mit Schmollmund.


„Sex sells“ – leider auch bei Selfies

Nackte Tatsachen machen auch vor Selfies nicht Halt. Beim gegenseitigen Versuch, sich zu übertrumpfen, reicht das freizügige Repertoire von erotischen Aufnahmen bis hin zu harten Sexszenen. Während bei den Mädchen der Fokus auf Busen und Vagina liegt, also den „klassischen“ weiblichen Geschlechtsattributen, präsentieren Burschen (auch) besonders gerne ihre Waschbrettbäuche. Das wird dann „Sporno“ genannt, eine Wortkreation aus „Sport“ und „Porno“. Bei beiden Geschlechtern geht es darum, sich in den Selbstporträts möglichst attraktiv und „schön“ zu inszenieren. „Schön“ wird von vielen Jugendlichen dabei sehr klischeehaft interpretiert, im Netz werden diese Klischees noch verstärkt. Ob Nacktfotos der richtige Weg zur Selbstdarstellung sind oder ob es nicht doch auch anders geht, sollte mit den Jugendlichen reflektiert werden – so lange es die Teenie-Stars (man denke etwa an Justin Bieber, Miley Cirus oder Rihanna) jedoch in negativer Weise vormachen, ist das ein Kampf gegen Windmühlen. Das Sprichwort „Ist der Ruf mal ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert“ mag zwar manchem Hollywood-Sternchen gut in den Kram passen, als Motto für „normale“ Menschen ist das jedoch problematisch und kann die eigene Zukunft stark beeinträchtigen. Von Gefahren wie Sexting oder Grooming durch allzu freizügige Selfies ganz abgesehen.


Selfies sind nicht in jeder Situation passend

Auch wenn das Handy stets griffbereit mit dabei ist: In manchen Situationen sollte vor dem Selfie-Knipsen überlegt werden, ob dies auch wirklich angebracht ist. Dies gilt vor allem dann, wenn das Veröffentlichen der Fotos andere Menschen brüskieren oder verletzen könnte, wie z.B. Selfies auf Begräbnissen oder Aufnahmen mit schlafenden Obdachlosen. Auch wirkt übertriebenes Posieren an manchen Orten deplatziert – "lustige" Selfies etwa an historischen Gedenkstätten oder vor Holocaust-Denkmälern zeugen nicht gerade von Einfühlsamkeit und Taktgefühl.


Tipps zum verantwortungsvollen Umgang mit Selfies 

  • Abgebildete um Erlaubnis fragen. Sind auf Selfies auch andere Personen abgebildet, sollte man diese vor dem Veröffentlichen unbedingt um Erlaubnis fragen. Sind andere auf dem Foto in einer für sie nachteiligen Situation zu sehen, greift das Recht am eigenen Bild.
     
  • Nicht jeden Trend mitmachen. Besonders Eltern jüngerer Kinder sollten diese anregen, nicht jede neue Pose auszuprobieren. Besprechen Sie darüber hinaus mit Ihrem Kind, welche Motive und Anlässe für das Anfertigen von Selfies passend sind und welche Folgen das unüberlegte Verbreiten von Selbstporträts im Internet haben könnte. Auch empfiehlt es sich, Regeln für das Versenden von Fotos in Chats oder Messengern zu vereinbaren.
     
  • Das Internet vergisst nicht. Wurden Selfies einmal über WhatsApp, Facebook & Co. verbreitet, hat man kaum mehr Kontrolle darüber, wer sie aller zu Gesicht bekommt oder abspeichert. Fotos, die im Internet kursieren, lassen sich fast nicht mehr entfernen. Daher vor dem Posten von Selfies in Sozialen Netzwerken überlegen: Würde ich eine solche Aufnahme von mir auch in meiner Klasse, in der Büro-Teeküche oder am schwarzen Brett aufhängen? Hier haben wir Tipps zur Schadensbegrenzung bei Nacktfotos im Internet zusammengestellt.
     
  • Es gibt kein Safer Sexting. Besondere Vorsicht ist beim Selfie-Sexting – also Selbstporträts mit erotischen oder freizügigen Posen – geboten, welche nachher per Handy an den/die Liebste/n verschickt werden. Freizügige Fotos können immer wieder im Internet auftauchen, auch noch Jahre später, und z.B. bei der Jobsuche schaden. Vor allem Jugendliche sollten auf die Verbreitung von allzu intimen Selfies verzichten.
     
  • Unangenehme Bilder melden. Kursieren in Sozialen Netzwerken Selfies, die einen selbst oder andere herabsetzen, können diese an den Seitenbetreiber gemeldet werden. Bei Problemen mit Bildern auf Facebook hilft auch der Internet Ombudsmann
  • Selfies künstlerisch verfremden. Selfies können auch so angefertigt werden, dass man selbst nicht auf dem Foto zu erkennen ist, z.B. sollte der Kopf bzw. das Gesicht auf dem Bild weggelassen werden. Bildbearbeitungs-Apps bieten oft auch die Möglichkeit, Gesichter mit Schnurrbärten, falschem Make-Up oder Wimpern zu „verfremden“. Oder versuchen Sie sich einmal an einem „Shoefie“: Dabei werden anstatt des eigenen Kopfes und Oberkörper die Schuhe und Beine abgelichtet, das ist garantiert unverfänglich. :-)

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